Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.02.2025
Worum ging es?
Die Mutter des klagenden Kindes war mit 37 Jahren das erste mal schwanger. Es handelte sich um eine hochriskante eineiige Zwillingsschwangerschaft. Die Behandlung erfolgte über mehrere Wochen stationär. Die Klinik, in der sich die schwangere Frau befand, verfügte allerdings nicht über eine Neugeborenenstation. Als sich nach einiger Zeit ein typisches Risiko der Schwangerschaft realisierte, verstarb einer der beiden Feten noch im Mutterleib. Der Kläger wurde anschließend direkt per Notkaiserschnitt mit schwersten Hirnschäden entbunden. Daraufhin wurde sowohl der behandelnde Arzt, als auch die Klinik selbst wegen behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Schmerzensgeld verklagt.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Landgericht traf seine Entscheidung auf Grundlage eines gynäkologischen Sachverständugengutachtens. Die Beklagten wurden zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 720.000 € verurteilt. Gegen diese Entscheidung legten diese zwar Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main ein – allerdings ohne Erfolg. Die weitere Beweisaufnahme hat nämlich gezeigt, dass sowohl der behandelnde Arzt, als auch die Klinik den heute äußerst schlechten Gesundheitszustand des Klägers durch mehrere grobe Behandlungsfehler verursacht haben. Der Kläger erlitt schwere Hirnschäden, litt unter einer ausgeprägten Entwick¬lungs¬störung, ist blind und leidet an einer starken Hörschwäche. Außerdem ist seine Schluck¬fä¬higkeit gestört, ebenso wie die Kontrolle seiner Blase.
Wie begründete das Gericht seine Entscheidung?
Nachdem die Mutter des Beklagten eine schwangere Hochrisikopatientin war, hätte sie ausschließlich in einer Klinik behandelt werden dürfen, die über eine neonatologische Intensivstation verfügt. Bei einer Hochri¬si¬ko¬schwan¬ger¬schaft mit eineiigen Zwillingen kann es jederzeit zu einer Frühgeburt oder zu schweren Komplikationen bis hin zum Fruchttod eines Fetus kommen. Bei einer derartigen Konstellation muss man immer damit rechnen, dass eine sofortige Entbindung und eine sofortige Notfa¬ll¬be¬handlung des Neugeborenen erforderlich werden. Eine angemessene Behandlung des Neugeborenen ist anschließend nur durch neonatologische Fachärzte mit einer entsprechenden technischen Ausstattung gewährleistet.
Das Oberlan¬des¬gericht Frankfurt am Main (OLG) hat in seiner Entscheidung somit bestätigt, dass dem schwerst¬be¬hin¬derten Kind ein Schmerzensgeld in Höhe von 720.000,00 € zusteht. Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Beklagten haben die Möglichkeit, mit der Nicht¬zu¬las¬sungs¬be¬schwerde die Zulassung der Revision beim BGH zu beantragen.